Demokratieverständnis in den Parteien? Zuhören Fehlanzeige.

Die nahenden Bundestagswahlen erfordern es, die verschiedenen Parteien, ihr Demokratieverständnis und ihre Haltung in der Gesundheitspolitik auf die Probe zu stellen. Hierzu hatte der Verein „Patientenrechte und Datenschutz e.V.“ Wahlprüfsteine erstellt und an die Parteien geschickt. Die Reaktionen waren äußerst dürftig: Keinerlei inhaltliche Stellungnahmen sondern lediglich Verweise auf Internetformulare, in denen „Wahlprüfsteine“ formuliert werden dürfen – 8 Stück mit jeweils max. 300 Zeichen. (Das CDU-Formular funktionierte überhaupt nicht.) 300 Zeichen sind 5 bis 6 Zeilen einer „Normseite“, soviel Raum räumen die Parteien dem Austausch mit Zivilgesellschaft, Interessenverbänden,  Nichtregierungsorganisationen und Bewegungen ein.


So traurig das auch ist, eine inhaltliche Diskussion dieser Themen von vornherein auf ein so vereinfachtes Niveau herunterbrechen zu wollen, so ist das bei der Komplexität des Themas TI und eHealth nahezu unmöglich. Allein die technische Spezifikation der TI umfasst weit mehr als 10.000 Din-A4-Seiten, jedes hierzu durchgesetzte Gesetz incl. Erläuterungen und Begründungen hunderte Seiten. Die Flut von Gesetzestexten, die Verquickung unterschiedlichster Interessensgruppen und die technische und organisatorische Komplexität erschlagen Ärzte, Patientenvertreter, Presse, mittlerweile oft sogar Vertreter von Krankenkassen und IT-Firmen. Im Bundestag gibt es hier  nahezu keine Opposition, Prof. Kelber vom BfDI kämpft immer wieder auf verlorenem Posten.
Und die Parteien:
  • Sind sie bereit diese Themen halbwegs fundiert mit engagierten Bürgern zu diskutieren?
  • Sind sie bereit, den notwendigen Reflexions- und Willensbildungsprozess für diesen gewaltigen Umbau des Gesundheitswesens als politische Aufgabe anzunehmen?
  • Sind die Parteien und Abgeordneten bereit, diesen Umbauprozess, der bisher nur von (vermeintlichen) Fachleuten und Spezialisten und einer Vielzahl wirtschaftlich interessierter Gruppen betrieben wurde, wieder der demokratischen Kontrolle zu unterwerfen?
Bisher Fehlanzeige!
Patientenrechte und Datenschutz e.V. hat es trotzdem versucht, die Fragen auf je 300 Zeichen zu reduzieren. Das Ergebnis ist gar nicht so schlecht, wenn der Kontext bekannt ist. Davon ist aber leider bei vielen Abgeordneten nicht auszugehen.
Warten wir trotzdem mal auf Antworten!


Auf nur 18 Seiten recht martialischer Ankündigung kommt die CSU. Die Position eindeutig:
  • ePA-Zwang für alle, die sich nicht dagegen wehren (opt-out),
  • Daten für die Pharma-Unternehmen und
  • Robotik und Digitalisierung in der Pflege:

CSU-Programm zur Wahl: Bayern soll „Motor der Telematikinfrastruktur“ werden (im Änd und hier das Orginal-Papier)

„Dafür wollen wir die elektronische Patientenakte durch einen Wechsel zum Opt-Out-Modell stärken, begleitet von einer bundesweiten Öffentlichkeitskampagne.“ Zugleich sollen forschende Pharmaunternehmen leichter die Daten nutzen können. … Die Pflege will die CSU entlasten – ebenfalls per Digitalisierung. „Pflegekräfte wollen wir unterstützen, indem wir eine Bundespflegekammer einführen und eine 500-Millionen-Investitionsoffensive für Digitalisierung und Robotik starten, …

Danke für die Klarheit und dann: Gute Nacht, Bayern.

Herzliche Grüße

L. Seite

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Anonymous

    Robotik in der Pflege fordern auch die Grünen in ihrem Wahlprogramm. Wieder eine Legislaturperiode ohne nennenswerte Besserung für diesen Berufsstand – trotz pompöser Ankündigungen, trotz Corona – und jetzt kommen sie mit leblosen Heilsversprechen. Zum Haareraufen.

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